Nüchterntraining
Ist es Sinnvoll mit leeren Speichern zu trainieren?
Erstmal zu den physiologischen Grundlagen des Körpers.
Unser Körper bezieht die Energie aus den Makronährstoffen Kohlenhydrate und Fette. Dies geschieht immer in einem Mischverhältnis. In Notsituationen können auch die Proteine verstoffwechselt werden. Das sollten wir allerdings vermeiden.
Kohlenhydrate sind in der Leber und als Glykogen in der Muskulatur gespeichert.
Ein Teil davon schwimmt im Blut mit. Es ist die bevorzugte Energiebereitstellung des Körpers, da diese besonders effizient abläuft.
Braucht unser Körper kurzfristig Energie, greift der Körper als erstes auf den Kohlenhydratstoffwechsel, der bei kurzfristigen Belastungen ohne Sauerstoff auskommt. Dies nennt man den anaeroben Stoffwechsel. Hierbei entsteht immer Laktat als Nebenprodukt. Dieser kann in weiteren Schritten wieder in Energie umgewandelt werden.
Je höher die Aktivität des anaeroben Stoffwechsels ist, desto weniger Fette und mehr Kohlenhydrate werden zur Energiegewinnung herangezogen.
Fette sind allerdings fast unendlich in unserem Körper gespeichert.
Was so viel heißen soll, das wir sehr lange dadraus Energie bekommen können. Dies funktioniert aber nur im aeroben Stoffwechsel, also wenn ausreichend Sauerstoff vorhanden ist. Die Energie wird in den Mitochondrien freigesetzt, also den kleinen Kraftwerken unseres Körpers.
Ist unser Fettstoffwechsel gut aufgebaut, verbraucht der Körper zu Energiegewinnung weniger Kohlenhydrate und damit mehr Fett. Was natürlich bei langen Trainingseinheiten oder Wettkämpfen von enormen Vorteil ist, da ausreichend Energie aus dem Fetten im Körper vorhanden ist.
Das Nüchterntraining würde uns im Grunde helfen den Fettstoffwechsel zu pushen da wir aus den leeren Glykogenspeichern das Training durchführen würden und der Körper gezwungen sein würde direkt auf die Fette zu greifen. Das ist leider nicht so einfach wie es sich anhört.
Wie gestalten wir das Nüchterntraining?
Wichtig ist, wir wollen nicht mit leeren Magen trainieren, wir wollen das die Kohlenhydratspeicher leer sind. Dies klappt, wenn wir die Kohlenhydrate reduzieren oder sinnvoll in unsere Ernährung einsetzen und das Training anpassen. Die Periodisierung der Kohlenhydrate ist somit ein Teil unseres Trainings.
Die Gestaltung der Trainingseinheiten sollte am Anfang der Saison oder am Anfang unseres Vorhabens Nüchterntraining zu gestalten, recht kurz sein.
Beim Laufen sollten die Einheiten nicht länger als 30min erfolgen, beim Radfahren nicht länger als 60min. Diese sollten mit der Zeit verlängert werden. Wobei wichtig an diesem Punkt, Nüchterntraining heißt nicht komplett auf Nahrung zu verzichten. Wasser, Tee und Kaffee ohne Milch sind natürlich kein Problem. Essen dürften wir natürlich auch, dies sollte aber Nahrung sein, die kaum, bzw. nicht mehr als 30g Kohlenhydrate beinhaltet. Ein Rührei mit Gemüse, Quark mit Nüssen (wobei ich persönlich von jeglichen Milchprodukten besonders vor dem Training abraten würde. Es gibt viele Athleten die auf Milchprodukte gänzlich verzichten, da diese träge machen und dem Training nicht förderlich sind). Die Nahrungsaufnahme mit dem „Low Carb“ Speisen versorgt uns mit etwas Energie, bringt aber den selben Effekt wie das komplette Nüchterntraining. Der Vorteil ist, dass die Einheiten auch länger ausfallen können oder entsprechend auch in höheren Intensitäten trainiert werden kann.
Eine andere Möglichkeit wäre, bei vollgeladenen Kohlenhydratspeichern abends eine intensive Einheit zu gestalten in der die Kohlenhydratspeicher entleer werden. Die Ernährung nach der Einheit sollte vorwiegend aus Protein und Fetten erfolgen. Am nächsten Morgen sollte dann eine betont lockere Einheit nüchtern erfolgen. Das wäre ein Mix, bei dem unsere Fettstoffwechsel besonders stark ankurbelt wird.
Eine wichtige Sache noch - das Training muss ja nicht direkt morgens nach dem Wach werden durchgeführt werden. Wenn wir die Nahrungsaufnahme so planen, das die Speicher genau so leer sind, als wenn wir vorher unsere 8 Stunden geschlafen haben, dann klappt es mit der Nüchterneinheit auch abends. Hier ist ggf. noch Vorsicht geboten, denn über den Arbeitstag verbrennen wir meist mehr Kalorien als es im Schlaf geschieht. Daher könnten unsere Speicher weitaus leerer sein als nach dem Schlaf. Das kann zu einer eingeschränkten Leistung führen.
Wichtig ist es natürlich auch, dass unsere gesamte Energiezufuhr nicht darunter leidet.
Ein zu hohes Energiedefizit wirkt sich negativ auf das Immunsystem und den Hormonhaushalt aus. Vor allem wenn die Kohlenhydrate start eingeschränkt werden. Du wirst anfälliger für Infekte und Verletzungen. Zudem wird der Trainingseffekt zunichte gemacht.
Immer dran denken:
langsam an das Nüchterntraining herantasten
mit zwei Einheiten die Woche starten
langsam steigern
Energiebilanz des Tages im Auge behalten
Für alle die sich auf eine Wettkampfsaison vorbereiten und jetzt in ihren Fettstoffwechelstraining einsteigen, wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt mit dem Nüchterntraining loszulegen. Der Körper braucht seine Zeit um sich an die Belastung zu gewöhnen.
Vorsicht ist bei Frauen geboten. Ihr Körper arbeitet anders und im Gegensatz zu den Männern, ist der Fettstoffwechsel der Frauen von Natur aus besser ausgeprägt. Frauen sollten besonders auf ihren Zyklus achten, da der Körper hier stärker auf Stressfaktoren reagiert. Ein Nüchterntraining wäre so ein Stressfaktor. Vor allem in der zweiten Zyklushälfte ist der Körper schneller überreizt.
Fazit zum Nücherntraining
Nüchterntraining gibt uns einen neuen Reiz! Es ist eine von mehreren Möglichkeiten den Fettstoffwechsel anzukurbeln und unseren Körper in dem Bereich leistungsfähiger zu machen.